BLOG Müller unterwegs

Hallo!
In diesem Blog werde ich von meinen Reiseaktivitäten berichten. Fast alle meine Reisen mache ich mit dem Rad. Wer wissen möchte was Müller in seiner Abwesenheit so erlebt, sollte hier immer mal wieder vorbei schauen.

Hallo!
in this blog I will write about my traveling activities. I am doing most of my journeys by bicycle. Maybe you want to be up to date, knowing what Müller is doing when not at home. So this is the right address to be up to date...

Dinge die man über Aberdeen wissen sollte

Die Nacht am Meeresufer habe ich unbeschadet überstanden - um acht Uhr
bin ich wach geworden weil ein Hund auf seinem Spaziergang das Zelt
untersuchen wollte und seine Besitzerin nach ihm rief. Ich habe dann
das Kunststück zu vollbringen versucht, meine Sachen im Zelt zusammen
zu packen während es draußen regnete. Leider konnte ich nicht das Zelt
selbst auch im Zelt zusammen packen - solche Kunststücke kann ich
leider nicht vollbringen. Also wartete ich bis eine Regenpause eintrat und habe es dann so
schnell wie möglich zusammengelegt und in die Tasche gepackt um mich
dann auf den Weg in die Stadt zu meinem Frühstück zu machen. Es sollte
sich herausstellen das die Stadt gleich hinter dem nächsten Hügel
anfing - wie dem auch sei, gestern Abend hätte ich mit Sicherheit kein
Zimmer mehr gefunden. Es fand sich ein italienisch angehauchter Kaffee-Laden im Zentrum der
Stadt in dem ich - natürlich - Kaffee, was zu Essen und WLAN fand. Gestern Abend waren ein paar meiner Sachen nass geworden und ein teil
meiner Bekleidung könnte sich auch durchaus mal eine Wachmaschine von
innen ansehen. Also war der Plan: eine Schlafgelegenheit in der Stadt
finden und anschließend nach einem Waschsalon suchen. Meine Suche nach B&B's im Gebiet der Stadt entpuppten sich als
unergiebig - alles ausgebucht. Ich habe gut und gerne 25 Adressen
ausprobiert. Bei jeder schön brav angerufen um immer dasselbe zu
hören. Ein mal habe ich gefragt warum das wohl so sei und bekam als
Antwort das die Ölgesellschaften während der Woche einen so hohen
Bedarf an Schlafmöglichkeiten haben das alles ausgebucht sei - das
währe schon seit 20 Jahren so... Ich machte noch einen Versuch bei den Hostels - die Telefonnummer die
ich anrief liess mich wissen das ich Informationen über verfügbare
Hostelplätze beim City Council im Marischial Bulding bekäme. Also machte ich mich auf den Weg dahin und fand mich unversehends in
einem bizarren Gespräch wieder in dem man mich drei mal fragte ob ich
obdachlos sei - von Vermittlung keine Spur. Da ich ja nun anscheinend
doch nicht obdachlos sei gab man mir die Nummer des Youth Hostel
Aberdeen - das sich als ausgebucht herausstellen sollte - was auch
sonst? Ich startete einen zweiten Versuch im Starbucks gleich um die Ecke -
erneut eine Stunde für Absagen verplempert. Inzwischen war es bereits
13:00. Also Strategieumstellung: ich machte mit dem voll beladenen Rad
Sightseeing in Aberden - gegen 16:00 habe ich dann das Stadtzentrum
verlassen und mich weiter auf den Weg in den Norden gemacht. Irgendwo
würde schon ein B&B auftauchen oder ich fände eben einen Platz zum
wild campen... Ich war gerade dabei die kleine Ortschaft Belhelvie zu verlassen als
mein Antrieb durchrutschte. Es ging mit dem Rad einfach nicht mehr
vorwärts. Ich stieg ab und sah das das Hinterrad auf der Achse extrem
viel spiel hatte - der Zahnradkranz wackelte richtig herum. Sollte
sich die Verschraubung der Nabe auf der Achse gelöst haben? Gleich auf
der anderen Straßenseite war ein Häuschen mit einer niedrigen
Begrenzungsmauer. Ich schob das Rad rüber, nahm die Gepäcktaschen ab
und konnte das Rad mit Hilfe des Mäuerchens auf den Kopf stellen.
Nachdem ich das Hinterrad ausgebaut hatte wurde das Drama in seiner
ganzen Größe sichtbar: die Hinterrad-Achse war gebrochen. Ich würde
erst mal überhaupt nicht mehr weiter fahren! Inzwischen war mir aufgefallen das in dem Häuschen jemand im
Halbdunkel saß der mich beobachtete - ich winkte nach drinnen und ein
alter Herr kam nach draußen. Ich erklärte mir meine missliche Lage und
nach ein wenig Hin- und Her-Verhandeln war er bereit das ich die
Trümmer meines Liegerrads neben seiner Garage abstellen und meine
nicht benötigten Gepäckstücke in seinem Schuppen einstellen durfte. Er
hatte mit Hilfe seiner Frau herausgefunden das es einen Ort weiter ein
B&B geben solle - mein Plan war, mich mit kleinem Gepäck dort
einzunisten und auf die Suche nach einem Fahrradhändler zu machen der
eine Ersatzachse für mich haben könnte. Es fand sich sogar eine Frau
die mich netterweise in ihrem Auto mit in den Nachbarort nahm. Das B&B war leider ausgebucht - die Betreiberin verwies mich auf eine
alternative Möglichkeit namens 'Avalon' die sich aber als nicht
existent herausstellen sollte - die Betreiberin hatte aufgegeben. Ich
liess ich beim Pub im Ort absetzen. Schliesslich hatte die Frau ja
ursprünglich etwas ganz anderes vor gehabt. Ich hoffte das man mir
dort weiter helfen könne - nun, versucht hat man es jedenfalls ganz
redlich, aber ein B&B liess sich wirklich nirgendwo in der Gegend
finden. So bekam ich die Beschreibung wie ich zu einer Bushaltestelle
finden kann von der aus ich nach Aberdeen fahren kann. Ich hoffte, dort einen Radhändler zu finden der mir weiter helfen
kann. Egal, wie, das würde er aber nicht mehr heute können - die
Geschäfte hatten bereits geschlossen. So begann in Aberdeen für mich erneut das Zimmer-Such-Spiel. In einem
Pub namens 'Brew Dog' Machte ich so lange fruchtlose Internet- Recherche bis die Batterien des Netbooks aufgaben - Dann begann ich
meine Wanderschaft durch die Stadt um die Hotels abzuklappern.
Vielleicht waren die Internetportale ja nicht auf dem aktuellsten
Stand oder jemand hatte kurzfristig noch eine Zimmerreservierung
abgesagt. Nach drei Stunden wusste ich das das leichte Gepäck doch
nicht ganz so leicht ist wie ursprünglich angenommen. Außerdem wusste
ich das es nirgendwo - und zwar wirklich nirgendwo - auch nur die
Anmutung eines Bettes für die Nacht geben würde. Ich eierte zurück in 'Brew Dog' und ot dem Thekenpersonal 100 Pfund
wenn sie mich zuhause auf ihrer Couch oder meinetwegen auch auf ihrem
Küchenfussboden schlafen liessen. Leider hatten die Leutchen dort
anscheinend keines von beidem. Stattdessen warf sich einer vom
Personal an den Rechner um seinerseits eine Recherche zu starten - mit
dem überraschenden Ergebnis das nirgendwo was frei war. Schade, ich
hätte mich gerne eine anderen belehren lassen. Ich habe dann noch ein paar Gäste angequatscht - es sollte doch wohl
möglich sein, fr 100 Pfund eine Couch in Aberdeen zu mieten, aber
nichts dergleichen. Ein par wollten mir mit ihrem Smartphone vorführen
wie leicht man ein Zimmer in Aberdeen bekommen kann (Ergebnis
bekannt), ein paar waren nicht aus der Stadt und der Rest wohnte noch
bei den Eltern, hatte keine Couch und/oder keinen Küchenfussboden. Der
Geruch von Verzweiflung lag in der Luft. Sollte mir als einzige Möglichkeit der Gang in ein Casino bleiben um
mir dort zwischen Glückspielautomaten die Nacht um die Ohren zu
schlagen? Ich trabte nochmals an verschiedenen Hotelrezeptionen vorbei - nein,
keine Stornierungen die mir zu einem Zimmer verholfen hätten.
Unterwegs zögerte ich nicht, Leute auf der Straße mit dem 100 Pfund- für-eine-Couch-Angebot zu konfrontieren. Erstaunlich, wie viele Leute
im fortgeschrittenen Alter bei ihren Eltern wohnen. Einer der
Befragten hatte gerade sein Haus verkaufen müssen und hatte selbst
keine Bleibe mehr - ein Anderer war schon länger ohne Dach über dem
Kopf. So latschte ich also mit meinen zwei Taschen und einem Hinterrad
weiter durch die Gegend. Zwei Taxifahrer witzelten wo denn der Rest
meines Rades sei. Als ich ihnen meine Geschichte erzählte wusste der
eine zu berichten das die Ölgesellschaften während der Woche immer die
verfügbaren Betten der Stadt in beschlag nähmen, morgen eine Konferenz
starten solle und außerdem am Flughafen ein Flug ausgefallen sei, was
die Sache noch schlimmer mache. Sie machten sich ungefragt daran mit
ihren Telefonen herumzufragen ob irgendwo noch was frei sei -
überraschenderweise fanden sie aber nichts Verfügbares. Ich hatte wenig Lust mit meiner Fotoausrüstung in der Nacht irgendwo
auf den Straßen von Aberdeen herumzusitzen und schlurfte weiter. Im
Park Inn hatte ich es noch nicht versucht - auch dort war alles voll.
Ich dürfe aber in der Lounge herumsitzen und eine Steckdose anzapfen -
und Internetzugang bekam ich auch. Vielleicht hätte ich ja Glück und
bis ein Uhr Morgens würde noch jemand seine Reservierung absagen. Um
Mitternacht stelle das Café in der Lounge der Service für Leute ein
die nicht im Hotel wohnen - Okay, dann eben nicht. Eine Zimmeroption
tat sich auch nicht mehr auf . Aberdeen sollte ausgebucht bleiben. Ich
durfte weiter in der Lobby sitzen bleiben - das war doch immerhin
etwas. Hier ist es allemal besser als in den Casinos, wo alles mit
Automaten voll gestopft ist und man bestenfalls einen Barhocker hat.
Jetzt muss es mir nur noch gelingen bis zum Morgen wach zu bleiben...

Ich will ja jetzt nicht meckern, aber das es nicht möglich ist in
dieser Stadt eine Unterkunft zu bekommen finde ich wirklich ein
starkes Stück. Überall im Stadtbild Läden auf Hochglanz poliert -
keine Fancy-Boutique fehlt, tolle Restaurants und Weinlokale - aber
eine Unterkunft finden? No Way! Die Leute mit denen ich heute zu tun hatte waren allesamt nach Kräften
hilfreich - aber hlefen konnten sie mir letzten Endes allesamt nicht.
Und die Idee, das irgendjemand einen nach Schweiß riechenden,
unrasierten Kerl mit Taschen behangen und einem Fahrrad-Hinterrad bei
sich übernachten lassen würde war ja sowieso eine Schnapsidee - da
hatte ich beim Schotten wohl zu viel Verrücktheit erwartet. Ich kann
froh sein das ich in der Hotellounge herumlungern darf. Wer jemals nach Aberdeen kommt sollte auf jeden Fall eine Buchung im
Voraus klar machen. Wenn nicht, schaut Euch die Stadt an und
verschwindet so schnell wie möglich wieder. Der Zustand ist den
Beteiligten bekannt, es hat sich in den vergangenen Jahren aber
anscheinend daran nichts geändert. Die sich selbst 'Öl-Metropole- Europas' nennende Stadt lebt von der Öl-Industrie und dem Geld das sie
in die Gegend bringt - es besteht keine größere Notwendigkeit, sich um
mehr zu kümmern. Übrigens war doch noch ein Hotelzimmer in Aberdeen frei - für die
Kleinigkeit von 260 Pfund pro Nacht hätte ich ein lauschiges
Schliessfach am Flughafen mieten können...